Handstickerei – Historische Entwicklung

Ursprung der Handstickerei

Die Kunst, Stoffe zu verzieren, ist fast so alt wie die Menschheit. Das erste Werkzeug war der Pfriemen, mit dem man Löcher in Fellstücke bohrte, durch die man Tiersehnen zog und dann verknotete. Die Nadel (aus Knochen, Holz oder Horn) mit Öhr entwickelten schon die Eiszeitmenschen, um sich die Arbeit zu erleichtern.

Verwendung von Handstickereien

Stickarbeiten wurden auf vielfältige Weise und für die unterschiedlichsten Zwecke eingesetzt: zur Verschönerung von kunstvoll gearbeiteten Brautausstattungen und Leichentüchern, zur Verkündigung der Ehre Gottes und der Herrlichkeit von Königen. Sie brachten etwas Farbe in die einfachen Wohnungen der Bauern und dienten dazu, riesigen Reichtum zur Schau zu stellen.

Verbreitung der Handstickerei

Die Wiege der Stickkunst liegt wahrscheinlich in Indien und China. Über Vorderasien verbreitete sie sich dann in den europäischen Raum. Bald schon entwickelte sich das Sticken zu einer beliebten Freizeitbeschäftigung adeliger Frauen.

In Europa gab es im Mittelalter eine grosse Blütezeit kirchlicher Stickkunst. Die besten Arbeiten wurden zwischen 1250 und 1450 hergestellt. Sie waren so wertvoll, dass sie Königen und Kaisern, die zu Besuch weilten, zum Geschenk gemacht wurden.

Die Sitte, das Mobiliar zuhause zu besticken, verbreitete sich im siebzehnten Jahrhundert. Die Arbeiten wurden oft von Laien ausgeführt, die Entwürfe aus Musterbüchern entliehen.

Verwendete Materialien

Einer der Hauptfaktoren bei den Stickarbeiten in verschiedenen Ländern waren die jeweils vorhandenen Materialien. Aus diesem Grund entwickelte sich in China, wo Seidenraupen ursprünglich gezüchtet wurden, eine Tradition auserlesener Seidenstickerei, lange bevor dieses wertvolle Garn Europa im Mittelalter über die Seidenstrasse erreichte.

Das Klima in Nordeuropa unterstütze den Flachsanbau. Es war eine kräftige Faser, die sich besonders für Hohlsaumarbeiten und die Durchbruchstickerei eignete. In ähnlicher Weise wurden Arbeiten mit Krüwellgarn teilweise durch den blühenden britischen Wollhandel angeregt.

Baumwolle wächst in einem wärmeren Klima. Man findet sie in Ägypten, im Süden der USA und in Indien. Der feine Musselin führte zur Tamburierstickerei. Dabei wird der Kettenstich mit einer Häkelnadel ausgeführt.

Die Ausbreitung des Handels, der eine immer grössere Anzahl an Materialien in aller Welt verbreitet, führte dazu, dass die Stickerei in den einzelnen Ländern bezüglich Technik und Stil immer vielseitiger wurde.

Die Stickerei heute

ist sehr vielseitig und erfindungsreich. Moderne Stickerinnen verwenden eine Vielzahl von Stoffen und Garnen, von denen viele ganz und gar nicht alltäglich sind, wie z.B. handgeschöpftes Papier oder Stoffe, die mit Gips, Draht oder anderen zufällig gefundenen Objekten versteift wurden.

Eine weitere Entwicklung ist die wachsende Beliebtheit von Stickarbeiten mit der Nähmaschine, dies geschieht relativ schnell und spontan. Sie lässt sich auch gut mit dem Sticken von Hand kombinieren. Die heutige freie Handstickerei hat einen freien, aufregenden Charakter, ganz anders als bei traditionellen Arbeiten. Aber auch heute noch sind diese elementarer Bestandteil der Kunst.

Handstickereien waren, sind und werden immer Luxus bleiben.